Es gibt eine ganz einfache Maßnahme, die die Qualität des österreichischen Gemüses schlagartig erhöhen würde: früher ernten.
Sicher, einige hochsommerliche Köstlichkeiten wie Tomaten oder Feigen profitieren davon, möglichst lang auf der Pflanze zu bleiben und ordentlich auszureifen. Eine ganze Reihe anderer Dinge aber schmeckt jung und/oder klein einfach besser. Ganz besonders gilt das für die Freuden des Frühjahrs: Erbsen, Zucchini, Karotten, Kartoffel und grüner Spargel1. Später im Jahr fallen mir zumindest noch die Okra, Fisolen oder breite grüne Bohnen ein.
Anders als etwa ein Rind schmeckt Gemüse mit dem Alter nicht unbedingt nach mehr, sondern entweder nach weniger, einfach schlechter oder es wird fasrig. In anderen Fällen - Karotten, Kartoffeln… - ist gar nix gegen die reife Version einzuwenden, aber die junge Variante ist so anders und köstlich, dass sie sich als Ergänzung unbedingt lohnt.
In Italien oder Spanien etwa ist es gang und gäbe, sie alle (und viel mehr) in ihren zartesten Varianten zu genießen (auch die Lämmer und Ziegenkitze sind hier viel kleiner, aber das ist eine andere Geschichte). Nördlich der Alpen aber herrscht eine Art Gemüse-Maximalismus, ähnlich wie bei den Schnitzelportionen. Viel zu oft werden sie erst geerntet, wenn sie groß und drall und voller Wasser und/oder Stärke sind. Verständlich aus der Perspektive von jemandem, der sie nach Gewicht bezahlt bekommt - aber schade aus jener der Esser.

Ich fände es wunderbar, wenn mehr Gemüsebauern und Bäuerinnen den Mut zur früheren Ernte hätten. Das kann, aber muss sich nicht einmal im Preis niederschlagen: bei Zucchini etwa heißt früher ernten einfach mehr ernten, nicht unbedingt ingesamt weniger.
Hier eine kleine Liste an Gemüsen, bei denen sich meiner Meinung nach die Suche nach jungen Exemplaren besonders lohnt, mir bekannte Quellen, und ein paar Ideen, was man mit ihnen anfangen kann. Wenn Sie noch mehr Einkaufsmöglichkeiten kennen, bitte posten Sie!
Erdäpfel
Eines der besten Gemüse des Frühlings, mit erstaunlich kurzer Hochsaison. Klar, auch ausgereift können sie hervorragend sein, aber wachteleigroße heurige Kartoffel sind eine Klasse für sich: Sie schmecken intensiv und bekommen einmal gegart eine umwerfend gute, cremig-knackige Konsistenz.
Die meiner Meinung nach ideale Zubereitung ist furchtbar einfach, wie bei so vielen Dingen, die von sich aus fantastisch schmecken: Kartoffeln gut waschen, ordentlich salzen, und mit etwas Butter oder Olivenöl in einen Topf mit dickem Boden geben. Deckel drauf und über sehr niedriger Hitze etwa 20 bis 30 Minuten im eigenen Saft garen. Immer wieder rütteln. Am Ende den Deckel entfernen und überschüssige Feuchtigkeit verdampfen lassen, damit die Kartoffeln noch etwas bräunen können. Wer unbedingt noch mehr tun will: etwas Schnittlauch oder ein wenig Zitronenschale stehen ihnen gut. Einfach so oder mit etwas Topfen oder Fleisch als Beilage genießen. Sind aktuell auf vielen Wiener Märkten zumindest in kleinen Mengen erhältlich, besonders gut, wie so vieles, bei der Bioschanze.
Karotten
Karotten schmecken nie wieder so gut, wie wenn sie am Stielansatz gerade einmal bleistift- bis höchstens ölkreidendick sind: sie haben dann eine zarte Süße, frühlingshafte Würze, den perfekt knackigen Biss, und niemand käme auf die Idee, ihre delikat-köstliche Schale zu entfernen. Die besten mir bekannten Babykarotten Wiens gibt’s im Meinklang Hofladen (auch wenn sich die Saison langsam dem Ende zuneigt), aber auch anderer Leute kleine Karotten können köstlich sein. Ich mag sie sehr gern roh mit Hollerblüten-Mayo als Dip (Öl erhitzen, Hollerblüten eine halbe Stunde drin ziehen lassen, abseihen, Mayo draus machen), gegrillt zu Fleisch (die Meinklangs stecken sie auf ihre Rehspieße zwischen das Fleisch, hervorragende Idee), oder kurz gebraten im Risotto (mit Suppe aus ihrem Grün und reichlich Ziegenkäse). Auch mit jungen Erbsen vertragen sie sich sehr gut.
Erbsen
Sind am allerbesten, wenn sie “fette-Tautropfen-groß” sind und sattgiftgrün glänzen, ein Zustand, in dem sie leider kaum jemals bei uns am Markt zu bekommen sind. Die bei uns gebotene Ware ist so gut wie immer zu ausgereift, fest, und mehlig. Sollten sie doch einmal richtig frische junge Erbsen bekommen: unbedingt zuschlagen. Einen Teil gleich so roh auffuttern, und den Rest ganz kurz in kochendem Salzwasser blanchieren. Dann zum Beispiel mit guter frischer Ricotta (noch so eine echte Rarität in Wien, manchmal bei Anton macht Kes), etwas Olivenöl und Zitronenschale servieren. Oder es machen wie Jordi Vila im Alkimia und die Erbsen ganz kurz in Muschelsud schwenken. Oder einfach vorsichtig buttern und ein paar zarte Minzblätter unterheben.
Zucchini
Jedem Zucchino ist eine bestimmte Menge Geschmack gegeben, und wenn Zucchini größer werden, werden sie nur wässriger, nicht besser, habe ich hier schon mal geschrieben. Kleinfingergroß und noch mit Blüte dran sind sie wahrscheinlich am Höhepunkt ihrer kulinarischen Potenz. Die Blüten können zum Beispiel mit Ricotta gefüllt werden, die Früchte selbst gebraten und mit etwas Olivenöl, Zitronensaft, Basilikum und Parmesan serviert. Ebenfalls im Risotto sehr fein (Suppe kann aus Zucchiniblättern und Stängeln gekocht werden.)
Grüner Spargel
Zugegeben: wenn ich den Gemüsebauern meines Vertrauens richtig verstehe, geht es hier nicht ums früher ernten - dünne grüne Spargel sind nicht jünger als dicke, sondern schwächere Triebe bzw. eigene Sorten. Besser schmecken als ihre dicken, großen Verwandten tun sie trotzdem, und leichter in der Pfanne zu braten sind sie sowieso. Eine von endlos vielen Möglichkeiten: Kurz und heiß in Olivenöl Farbe nehmen lassen, dann einfach mit Zitronenschale (oder vergorener Salzzitrone) und Brimsen servieren.
Der weiße Spargel ist da zugegeben anders.
tolle Tips und ich stimme total dem Artikel zu .. vor allem junge Zucchiniblätter kann man wunderbar für alles verwenden. tipps für nächste grüsse: diskussion bei mir im haus rösti mit / ohne ei , flammkuchen .. mit / ohne lauch .. die leichtere "pizza"..
Schwerpunkt Westösterreich ab Salzburg inklusive Osttirol , Tipps .. / Gerichte von der Ziege .. und wieder einmal mehr innereien :-) weiterhin viel erfolg, klaus schwab