Es ist eine so eiserne wie frustrierende Regel, dass die besten Speisepilze aus dem Wald kommen und nicht aus der Pilzzucht: der legendäre Matsutake, der Traum aller japanischer Pilzliebhaber, die weiße Wintertrüffel, selbst der vergleichsweise ordinäre Steinpilz, sie alle widersetzen sich trotz zahlreicher Versuche hartnäckig der Domestizierung.
Umso erstaunlicher ist, dass ausgerechnet der beste aller mir bekannten Zuchtpilze nördlich der Alpen kaum bekannt ist. Vielleicht liegt das an seinem hässlichen deutschen Namen: “Südliche Schüpplinge”oder “südliche Ackerlinge” muss man hier essen, während man in Italien “Pioppini” genießen darf. Aber wie auch immer man sie nennt: sie schmecken so intensiv pilzig, dass es mitunter ein wenig auf der Zunge kribbelt wie bei gutem Parmesan, mit kräftigem Wald- und Fleischaroma und einem Anklang von Trüffel im Abgang.
Pioppini verdanken ihren schönen Namen der Pappel (Pioppo auf italienisch), auf deren totem Holz sie angeblich gerne wachsen. Als ich sie das erste Mal in einem Restaurant am Fuße des Vesuv serviert bekommen habe, war ich ganz außer mir vor Freude und ziemlich sicher, eine saisonale Rarität am Teller zu haben. Die Freude war dann noch größer, als der Wirt mir erklärt hat, dass Pioppini ganz und gar nicht ungewöhnlich, leicht zu züchten und daher das ganze Jahr und überall erhältlich sind. 1
Wie ich in den folgenden, nun aufmerksam verbrachten Woche gemerkt habe, liegen sie in Neapel in jedem besser sortierten Gemüsegeschäft oder ambitionierten Supermarkt. Vor ein paar Wochen hatte ich dann Gelegenheit, die wilde Variante kosten zu dürfen, und weiß seither, dass es Pilze gibt, die gezüchtet besser schmecken als aus dem Wald.
In Österreich sind Pioppini bisher nur sehr vereinzelt zu bekommen, etwa hier, hier und hier, und der Lukas Nagl, der sie einmal auf der Schranne in Salzburg kaufen konnte, hat berichtet, dass sich dieser oberösterreichische Züchter demnächst ihrer annehmen wird. Ich hoffe, er wird einige Nachahmer finden. Sollten Ihnen welche unterkommen, schlagen Sie jedenfalls zu.
Wie man Pioppini zubereitet
Wenn Sie in Neapel einkaufen gehen, werden Sie zwangsläufig einen Tipp bekommen, wie die gekauften Zutaten zuzubereiten sind.2 Praktischerweise ist der Tipp immer der gleiche: Mit Öl, Knoblauch und Tomaten.
Als ich das erste Mal Pioppini bei meinem Gemüsemann gekauft habe, war das nicht anders. Und weil ich beim ersten Mal tendenziell auf Tipps höre, habe ich sie mit Öl, Knoblauch und Tomaten gebraten. Es war sehr, sehr gut.
Erhitzen Sie etwas Olivenöl in einem Bräter mit schwerem Boden und braten Sie eine angedrückte, geschälte Knoblauchzehe darin an. Wenn sie beginnt, Farbe zu nehmen, geben Sie die Pilze zu und braten unter gelegentlichem Rühren, bis sie zusammengefallen sind und all ihr Wasser gelassen haben, so drei bis vier Minuten. Werfen Sie vier, fünf halbierte Piennolo-Tomaten3 nach und braten weiter, bis diese gar und saucig sind. Mit etwas frisch geriebenen Parmesan beschneien und lauwarm servieren.
Es gibt zwei Arten von Pilzen: solche, die parasitär leben und sich also von totem Holz und dergleichen ernähren, und solche, die symbiontisch leben, das heißt, mit anderen Lebewesen, meist Bäumen, eine Zweckgemeinschaft eingehen. Parasitäre Pilze - wie etwa Champignons, Austernseitlinge und eben Pioppini kann man leicht züchten, weil man nichts braucht als ihre Lieblingsessen. Symbiontische Pilze wie Steinpilze und Trüffel lassen sich nicht so einfach bis gar nicht domestizieren.
Weil als bedauernswerter Ausländer aus Wien, Paris oder gar Mailand, haben Sie ja keine Ahnung, was gutes Essen ist.