Es gibt eine handvoll Tiere, bei denen ausgerechnet die Verdauungsorgane am besten schmecken. Die Schnepfe etwa hat zwar eine köstliche Brust, sie kann aber nicht mit dem Wohlgeschmack ihres “Drecks” mithalten, ihre nur ganz kurz gebratenen Innereien: nur kurz in reichlich Butter gebraten und auf Toast gestrichen schmecken sie aufregend und intensiv wie ein ganzer Herbstwald. Bei ganz jungen Kälbern wiederum gilt den Römern der ungeputzte Darm als delikate Delikatesse: sie schmoren daraus die Pajata, die gar nicht so intensiv schmeckt, wie man das befürchten könnte, dafür aber mit ihrer besonders feinen, cremiger Konsistenz besticht (In diesem Innereientempel sehr zu empfehlen).
Unter den Meerestieren gehören die Krebse in diese Kategorie, und ganz besonders die Krabben: ihr allerbester Teil ist ihr Hepatopankreas1, oder, weil das nicht sehr appetitlich klingt, der auf Englisch sogenannte “Crab Mustard”, der Krabbensenf. Die grellgelbe Paste sitzt im Inneren des Krabbenpanzers und gehört zum köstlichsten, was das Meer hervor gebracht hat: sie schmeckt salzig, süß, iodig und üppig, ein wenig wie Seeigel, nur herber, und beglückend gut.
Das ist insofern besonders erfreulich, als die neapolitanische Krabbe, wie die meisten Mittelmeer-Krabben, höchstens handtellergroß wird und also zu klein ist, um ihres Fleisches wegen genossen zu werden. Für Pastasauce aber ist sie dank ihres Innenlebens ganz wunderbar geeignet.
Klein, aber gut: der neapolitanische Krebs
Krabbenpasta
Wie Hummer werden auch Krabben meist lebend verkauft, weil sie sich sehr schnell selbst zersetzen, sobald sie tot sind und dann ungenießbar werden. Lebend können sie leicht 24 Stunden im Kühlschrank gelagert werden.
Die meisten Leute sind der Meinung, dass Krabben vor der Zubereitung geschlachtet werden sollten. Die traditionelle Methode, sie in kochendes Wasser zu werfen, halte ich für einen Fehler: erstens ist das mitunter gar nicht so tierfreundlich, wie es scheint, und zweitens geben die Tiere dabei jede Menge ihres köstlichen Geschmacks an das Kochwasser ab, statt ihn später in die Sauce zu lassen.
Idealerweise stecken Sie Krabben 30 Minuten vor der Zubereitung in den Tiefkühler: das schickt die Tiere in eine Art Winterschlaf. Dann teilen Sie sie mit einem großen Beil oder ähnlichen der Länge nach entzwei, beginnend beim Kopf, damit sie möglichst schnell tot sind. Bestaunen Sie das prächtige Innenleben, das perlmuttfarben schimmernde, fast durchsichtige Fleisch, den verheißungsvoll gelb leuchtenden, cremigen Krabbensenf, und, wenn sie viel Glück haben, die ebenfalls in Gelb- bis Orangetönen leuchtenden Eier.
Fangen Sie beim Krabbenteilen unbedingt die Flüssigkeit auf, die dabei aus den Krabben rinnt, und geben Sie sie nachher zur Sauce - sie schmeckt wie ein frischer Gezeitentümpel, nur besser.
Nun mit einem schweren, harten Gegenstand - ich nehme gerne den Stößel eines Mörsers - die Scheren anknacken. Nicht zu sanft sein, sonst macht das nachher beim Essen keinen Spaß. Voilà. Das war’s. Die halbierten Krabben sind bereit, zubereitet zu werden.
Während die Krabben im Tiefkühler sanft entschlafen, haben Sie genug Zeit, eine Tomatensauce zuzubereiten. Olivenöl erhitzen, ein wenig Knoblauch, einen Hauch Chili, ein paar frische Tomaten darin braten, dann mit Pasata aufgießen und offen köcheln lassen, bis alles die gewünschte Konsistenz erreicht hat.
Währenddessen das Pastawasser zum Kochen bringen. Wenn Sie die Pasta ins Wasser gegeben haben (am besten Linguine oder andere lange, dünne Nudeln) die halbierten Krabben sanft in die Tomatensauce betten und bei mittlerer Hitze und geschlossenem Deckel schmurgeln lassen.
Die abgegossene Pasta und frischen, gehackten Petersil untermischen, mit Pastakochwasser eventuell die Konsistenz einstellen und umgehend servieren. Ich esse gern die Pasta, so lange sie heiß ist, und wende mich dann erst, wenn ich keinen Hunger, dafür aber Zeit und Muße habe, den Krabben zu. Zuzzeln, knabbern, knacken und genießen.
Eine Mischung aus Bauchspeicheldrüse und Leber, Wikipedia weiß mehr darüber.