Leser Lajos Adamik hat eine wunderbare Mail geschickt, die ich hier posten darf:
Lieber Herr Müller,
bei dem Thema schlägt das Magyarenherz naturgemäß höher.
Als Lektüre hätte ich Ihnen ebenfalls Eszter Kisbáns Studie empfohlen, die ich mir gerade vor paar Monaten aus der Stabi Berlin ausgeliehen und gescannt hatte. Das Original liegt in Budapest in einer unserer Bücherkartons.
Die Qualität des Paprikagewürzes ist, das hat schon der große Escoffier von der berühmten ungarischen Tänzerin Katinka gelernt, bei jedem Paprikasch-Gericht ausschlaggebend.
Wir beziehen unseres von ungarnserbischen Freunden aus Hercegszántó. Ich werde Ihnen gerne eine Probe von der neuen Ernte zukommen lassen.
Dann noch die Qualität des Geflügels, natürlich - ein glückliches Tier sollte es sein, nicht allzu alt, aber auch nicht allzu jung.
Was man dann noch an Verfeinerung anwendet - Majorann, Lorbeer, zum Anrösten gutes Geflügelschmalz, ob Gans, Ente oder Huhn, zum Aufgießen ein guter Fond, eine Paprikaschote und eine Tomate dazu, das sind alles individuelle Varianten.
Das Brustfilet lege ich nur für die letzten zehn Minuten zum Ziehen ein.
Ich wuchs unter einfachen Verhältnissen auf. Jeden Sommer fuhren wir mit meiner Mutter zu Verwandten nach Zemplénagárd, ein größeres Dorf in Nordostungarn. Keine Hausfrau dort hat je nach Rezept gekocht, sie hatten das Kochen und Backen in den Fingern, lernten es von klein auf.
Und wie gut das alles schmeckte! Eine große Scheibe vom selbstgebackenen Sauerteig-Weißbrot, kurz in den Topf auf dem Herd getaucht, in dem das Hendlpaprikasch vor sich hinköchelte - unnachahmlich!
Oder die gleiche Scheibe am kleinen Lagerfeuer, das die Männer, abends vom Feld heimkehrend, in diesem oder jenem Hof machten, vom Holunderbusch Zweige für die Spieße schnitten, diese mit einem Stück kreuz und quer eingeschnittenen Speck bestückten - und dann der edle Wettkampf, wer das triefende Fett mit dem Brot besser auffangen kann!
Nach einer halben Stunde hat sich das Brot mit dem rauchigen Fett vollgesogen. Das mit frischen Paradeisern und Paprikaschoten aus dem Garten - ebenfalls unnachahmlich, unvergesslich!
Wenn wir dann die Heimreise mit dem Zug antraten, schlachtete die Tante Olga noch am frühen Morgen ein Hendl - apropos Hendlschlachten, das herrliche Blutomelett! - und bereitete davon das feinste Backhendl zu, damit wir unterwegs nicht verhungern - immerhin dauerte die Fahrt mit mehrmaligem Umsteigen in den 1960er Jahren an die 8 Stunden.
Doch zurück zum Hendlpaprikasch - die Sauce zum Schluß vorsichtig mit Mehl bestauben, ist so etwas heute noch erlaubt? -: ich bin gespannt auf die Kommentare, lerne gerne auch was dazu.
Der Severin Corti war auch so nett, seine Anmerkungen zu schicken, ich darf sie hier posten: "tipp paprikahendl: Ingwer und miso in die sauce. und einen apfel mit den zwiebeln mitschmoren lassen. Haxlende schräg durch den knochen abschneiden, dan schauen die biegel besser aus. Butter braun werden lassen bevor die Zwiebel drin gedünstet werden. Und ich bräune das Hendl unterm Grill statt es anzubraten - containement der fettspritzerei"
1. Ich nehmen nur Ober- und Unterkeulen und Flügel, keine Bruststücke, die bevorzuge ich zum Kurzbraten, zum Füllen oder für die Herstellung einer Farce, aus den Karkassen mache ich immer einen Hühnerfond bzw. manchmal eine Hühnersuppe wenn ich das restliche Fleisch noch abkratze und das dann für den nächsten grippalen Infekt einfriere. Allerdings schneide/breche ich auch nicht durch den Knochen wie der Herr Schellhorn das macht, sondern lasse sie ganz.
2. Ich brate zuerst die Keulen scharf an, entferne sie aus der Pfanne und mache einen Ansatz, ähnlich einem Gulasch aus Zwiebeln, die lange Zeit kriegen in dem Hendlfett und ev. etwas Butter (10 - 15 Minuten bei mittlerer Hitze), Paprika werden im Rohr bei 200°C gegrillt bis die Haut schwarz ist (oder geflämmt wenn man es eilig hat...), diese wird dann abgezogen, die Paprika gewürfelt und mit gehackten Knoblauchzehen im Zwiebel angeschwitzt, tomatisieren und paprizieren und nur kurz rösten (1x mit dem Kochlöffel durchrühren), danach gieße ich mit Hühnerfond auf. An Aromaten kommen noch Majoran, 1 Prise gemahlener Kümmel, 1/2 Chilischote und 1 Scheibe Schwarzbrot dazu (für die Bindung) und die Hendstücke werden wieder eingelegt. 45 Minuten später werden die Hendlstücke herausgenommen, die Sauce püriert, ev. durch ein Sieb passiert, abschmecken und ggf. etwas einkochen. Spätzle oder Semmelrolle kommt dazu ;-)
Ich gestehe, ich bin nicht überzeugt vom Konzept der frischen Paprika, ich habe den Verdacht, das ist, so gut die Beschreibung klingt, ein anderes Gericht.
Ich kann das Argument nachvollziehen, gönne mir aber etwas Freiheit in der Interpretation von Gerichten. Viel Spaß jedenfalls beim Experimentieren, ich bin gespannt!
Ich finde ja, eines der wichtigsten Dinge beim Paprikahendl sind die Spätzle/Nockerl dazu, alles andere ist inakzeptabel. Meine Oma hielt sich im Wesentlichen an die Plachutta-Methode: die gesalzenen Hühnerkeulen im Butterschmalz farbig anbraten, danach Zwiebel, Paprikapulver und Tomatenmark anrösten und mit Bouillon aufgießen. Zum Schluss Obers, Sauerrahm und Mehl verrühren und mit Zitrone abschmecken. Gelingt auch im Römertopf wunderbar.
Ich finde das Plachutta-Rezept (Kochschule) ist beim Paprikahendl top! Schön cremig und wichtig: die Zitrone gibt den extra Kick. Da das Paprika-Hendl ja ein bisschen die Hochzeit des ungarischen Gulasch mit des bajuwarischen Hendl darstellt, muss man die Zwiebel schon gut anbraten. Nicht ganz so braun wie beim Gulasch, aber doch mehr als nur anschwitzen. Beim Fleisch nehme ich am liebsten ausgelöstes Haxln. Die bleiben saftiger und man spart sich das Rumfummel am Teller, wenn sie schon ausgelöst sind. Als Beilage kann es eigentlich nur Eiernockerl geben. Danach halt Paprika-Hendl-Koma. Aber was gibt es Besseres?
Leser Lajos Adamik hat eine wunderbare Mail geschickt, die ich hier posten darf:
Lieber Herr Müller,
bei dem Thema schlägt das Magyarenherz naturgemäß höher.
Als Lektüre hätte ich Ihnen ebenfalls Eszter Kisbáns Studie empfohlen, die ich mir gerade vor paar Monaten aus der Stabi Berlin ausgeliehen und gescannt hatte. Das Original liegt in Budapest in einer unserer Bücherkartons.
Die Qualität des Paprikagewürzes ist, das hat schon der große Escoffier von der berühmten ungarischen Tänzerin Katinka gelernt, bei jedem Paprikasch-Gericht ausschlaggebend.
Wir beziehen unseres von ungarnserbischen Freunden aus Hercegszántó. Ich werde Ihnen gerne eine Probe von der neuen Ernte zukommen lassen.
Dann noch die Qualität des Geflügels, natürlich - ein glückliches Tier sollte es sein, nicht allzu alt, aber auch nicht allzu jung.
Was man dann noch an Verfeinerung anwendet - Majorann, Lorbeer, zum Anrösten gutes Geflügelschmalz, ob Gans, Ente oder Huhn, zum Aufgießen ein guter Fond, eine Paprikaschote und eine Tomate dazu, das sind alles individuelle Varianten.
Das Brustfilet lege ich nur für die letzten zehn Minuten zum Ziehen ein.
Ich wuchs unter einfachen Verhältnissen auf. Jeden Sommer fuhren wir mit meiner Mutter zu Verwandten nach Zemplénagárd, ein größeres Dorf in Nordostungarn. Keine Hausfrau dort hat je nach Rezept gekocht, sie hatten das Kochen und Backen in den Fingern, lernten es von klein auf.
Und wie gut das alles schmeckte! Eine große Scheibe vom selbstgebackenen Sauerteig-Weißbrot, kurz in den Topf auf dem Herd getaucht, in dem das Hendlpaprikasch vor sich hinköchelte - unnachahmlich!
Oder die gleiche Scheibe am kleinen Lagerfeuer, das die Männer, abends vom Feld heimkehrend, in diesem oder jenem Hof machten, vom Holunderbusch Zweige für die Spieße schnitten, diese mit einem Stück kreuz und quer eingeschnittenen Speck bestückten - und dann der edle Wettkampf, wer das triefende Fett mit dem Brot besser auffangen kann!
Nach einer halben Stunde hat sich das Brot mit dem rauchigen Fett vollgesogen. Das mit frischen Paradeisern und Paprikaschoten aus dem Garten - ebenfalls unnachahmlich, unvergesslich!
Wenn wir dann die Heimreise mit dem Zug antraten, schlachtete die Tante Olga noch am frühen Morgen ein Hendl - apropos Hendlschlachten, das herrliche Blutomelett! - und bereitete davon das feinste Backhendl zu, damit wir unterwegs nicht verhungern - immerhin dauerte die Fahrt mit mehrmaligem Umsteigen in den 1960er Jahren an die 8 Stunden.
Doch zurück zum Hendlpaprikasch - die Sauce zum Schluß vorsichtig mit Mehl bestauben, ist so etwas heute noch erlaubt? -: ich bin gespannt auf die Kommentare, lerne gerne auch was dazu.
Mit herzlichen Grüßen
Der Severin Corti war auch so nett, seine Anmerkungen zu schicken, ich darf sie hier posten: "tipp paprikahendl: Ingwer und miso in die sauce. und einen apfel mit den zwiebeln mitschmoren lassen. Haxlende schräg durch den knochen abschneiden, dan schauen die biegel besser aus. Butter braun werden lassen bevor die Zwiebel drin gedünstet werden. Und ich bräune das Hendl unterm Grill statt es anzubraten - containement der fettspritzerei"
ich orientiere mich immer daran: https://www.servus.com/r/paprikahendl
schmeckt wunderbar!
So viele Rezepte mit (teilweise) frischem Paprika, hätt ich nicht gedacht!
Ich finde, dass Sepp Schellhorn das schon ganz ok macht (siehe hier: https://www.youtube.com/watch?v=sC-Dr6kdg1w&ab_channel=Sepp%2Cwasmachstdu%3F)
ein paar Ergänzungen habe ich noch dazu:
1. Ich nehmen nur Ober- und Unterkeulen und Flügel, keine Bruststücke, die bevorzuge ich zum Kurzbraten, zum Füllen oder für die Herstellung einer Farce, aus den Karkassen mache ich immer einen Hühnerfond bzw. manchmal eine Hühnersuppe wenn ich das restliche Fleisch noch abkratze und das dann für den nächsten grippalen Infekt einfriere. Allerdings schneide/breche ich auch nicht durch den Knochen wie der Herr Schellhorn das macht, sondern lasse sie ganz.
2. Ich brate zuerst die Keulen scharf an, entferne sie aus der Pfanne und mache einen Ansatz, ähnlich einem Gulasch aus Zwiebeln, die lange Zeit kriegen in dem Hendlfett und ev. etwas Butter (10 - 15 Minuten bei mittlerer Hitze), Paprika werden im Rohr bei 200°C gegrillt bis die Haut schwarz ist (oder geflämmt wenn man es eilig hat...), diese wird dann abgezogen, die Paprika gewürfelt und mit gehackten Knoblauchzehen im Zwiebel angeschwitzt, tomatisieren und paprizieren und nur kurz rösten (1x mit dem Kochlöffel durchrühren), danach gieße ich mit Hühnerfond auf. An Aromaten kommen noch Majoran, 1 Prise gemahlener Kümmel, 1/2 Chilischote und 1 Scheibe Schwarzbrot dazu (für die Bindung) und die Hendstücke werden wieder eingelegt. 45 Minuten später werden die Hendlstücke herausgenommen, die Sauce püriert, ev. durch ein Sieb passiert, abschmecken und ggf. etwas einkochen. Spätzle oder Semmelrolle kommt dazu ;-)
Ich gestehe, ich bin nicht überzeugt vom Konzept der frischen Paprika, ich habe den Verdacht, das ist, so gut die Beschreibung klingt, ein anderes Gericht.
Ich kann das Argument nachvollziehen, gönne mir aber etwas Freiheit in der Interpretation von Gerichten. Viel Spaß jedenfalls beim Experimentieren, ich bin gespannt!
Ich liebe ja das Rezept von Sebastian Frank: https://sz-magazin.sueddeutsche.de/essen-und-trinken/was-spitzenkoeche-fuer-sich-selbst-kochen-85620
Gelingt immer.
Ich finde ja, eines der wichtigsten Dinge beim Paprikahendl sind die Spätzle/Nockerl dazu, alles andere ist inakzeptabel. Meine Oma hielt sich im Wesentlichen an die Plachutta-Methode: die gesalzenen Hühnerkeulen im Butterschmalz farbig anbraten, danach Zwiebel, Paprikapulver und Tomatenmark anrösten und mit Bouillon aufgießen. Zum Schluss Obers, Sauerrahm und Mehl verrühren und mit Zitrone abschmecken. Gelingt auch im Römertopf wunderbar.
Mit lieben Gruss an die Küche,
Ich finde das Plachutta-Rezept (Kochschule) ist beim Paprikahendl top! Schön cremig und wichtig: die Zitrone gibt den extra Kick. Da das Paprika-Hendl ja ein bisschen die Hochzeit des ungarischen Gulasch mit des bajuwarischen Hendl darstellt, muss man die Zwiebel schon gut anbraten. Nicht ganz so braun wie beim Gulasch, aber doch mehr als nur anschwitzen. Beim Fleisch nehme ich am liebsten ausgelöstes Haxln. Die bleiben saftiger und man spart sich das Rumfummel am Teller, wenn sie schon ausgelöst sind. Als Beilage kann es eigentlich nur Eiernockerl geben. Danach halt Paprika-Hendl-Koma. Aber was gibt es Besseres?