Die Ebene von Paestum, eine halbe Stunde südlich von Neapel, ist das Zentrum der Mozzarella Welt1. An der Straße, die Salerno mit der alten Tempelstadt verbindet, steht eine Büffelfarm und -käserei neben der anderen. Auf wenigen Kilometern gibt es hier hunderte Produzenten, darunter Legenden wie Vanullo2, und auch mein Lieblingsmozzarellaproduzent, Masseria Lupata, ist hier.
Die mehr oder weniger runden, etwa 250g schweren Käsekugeln aus Büffelmilch, die hier gemacht werden, haben dank süditalienischer Auswanderer in den vergangenen Jahrzehnten die Welt erobert. Aber so, wie Champagner nicht der einzige Schaumwein ist, ist Büffelmozzarella aus der Ebene von Paestum nicht der einzige Mozzarella. In ganz Süditalien (und auch in ganz anderen Teilen der Welt) gibt es sehr ähnliche Käsetraditionen.
Mozzarella ist der berühmteste Vertreter einer Käsefamilie, die als “Pasta Filata” zusammengefasst wird. Der Käsebruch wird für solche Käse geschmolzen und gemischt, bis ein geschmeidiger Teig entsteht, und dann in die gewünschte Form gebracht. Dann wird er entweder ganz frisch gegessen (Mozzarella) oder gereift. Bei diesem Prozess verändert sich die Struktur des Käses, was seine Schmelzeigenschaften nachhaltig verbessert (mehr dazu siehe hier). Andere Käse, die so hergestellt werden, sind etwa Nite and Korbáčiky des Balkans, Queso di Oaxaca in Mexiko oder klassischer Cheddar.
In unserer Ecke des Cilento wird Mozzarella nella Mortella gemacht. Er wird ähnlich wie klassischer Mozzarella hergestellt, allerdings aus Kuhmilch , was ihn nach modernen DOP Standards zu einem Fiordilatte macht - nur Büffelmilchkäse darf Mozzarella genannt werden, aber das kümmert hier, 50 Kilometer entfernt vom Zentrum der Mozzarella-Welt, niemanden.
Statt zu Kugeln geformt zu werden, wird er in die Länge gezogen, sodass er mehr wie ein Käseband aussieht und er nicht so viel Molke enthält. Und statt in dem klassischen Wasserbad wird er in aromatischen Myrtezweigen gelagert. Das soll einst dazu gedient haben, ihn haltbar zu machen für den Weg von den Weiden in den Bergen zurück in die Dörfer.3 Heute ist die Myrte nur mehr für den Geschmack - sie gibt ihm ein leicht süßliches, floral-krautiges Aroma, das ziemlich gut sein kann.
Ich hatte das Glück, vor ein paar Tagen gerade dann bei unserem lokalen Käser aufzukreuzen, als er seinen Mozzarella gemacht hat. Hier ein paar Eindrücke.
Wie der Mozzarella im Cilento entsteht
Am ersten Tag wird die Milch mit Kälber-Lab gestockt, der Bruch geschnitten und die Molke abgepresst, ganz so, wie die allermeisten Käse ihren Anfang nehmen. Das Ergebnis ist eine bröselige Käsemasse, die zart sauer und sanft milchig schmeckt.
Statt die Masse aber weiter reifen zu lassen, wird sie am nächsten Tag erst grob geschreddert, sodass sie ein wenig wie weißes Kebab aussieht…
….und die Stücke dann in einem sehr heißen Wasserbad geschmolzen. Unter ständigem Rühren und Abgießen des heißen Wassers verwandelt sich die Masse langsam in einen geschmeidigen Käseteig (dem verdankt sie ihren Namen, der so viel wie gesponnener Teig bedeutet).
Von dem Teig zwickt der Käser nun handflächengroße Kugeln ab - Mozzarella kommt immerhin vom italienischen mozzare, abschneiden, trennen - zieht sie aber noch einmal in die Länge, statt sie in kugelform zu belassen. Schließlich landen sie im kühlenden Wasserbad.
Bevor sie sein Geschäft verlassen, werden sie dann in die namensgebenden Myrte-Zweige gepackt. Noch molkewarm schmecken sie fantastisch gut, etwa hier mit einem simplen Friselle-Paradeis-Salat.
Mehr über Mozzarella und das Essen Kampaniens steht übrigens in meinem Buch Tutto Napoli - der Geschmack der Stadt.
Der Fairness halber sei auch noch die Ebene von Caserta nördlich von Neapel erwähnt, das zweite wichtige Mozzarella-Zentrum Kampaniens. Manche meinen, der Mozzarella hier sei genauso gut, wenn nicht gar besser, als der von Paestum. Ich stimme dem nicht zu.
Die Büffel bekommen hier klassische Musik vorgespielt und haben Massagebürsten zur freien Verfügung. Ich habe noch nie Vanullo Mozzarella gekostet, weil er stets ausverkauft ist - selbst zwei Tage vorher anrufen, um zu reservieren hat in meinem Fall nicht gereicht.
Etwas ganz ähnliches, hat mir der Christoph Fink erzählt, wurde einst auch in den Tiroler Bergen mit frischem Käse und Butter gemacht: sie wurden für den Transport in große Blätter, etwa Huflattich geschlagen.
Danke für die Erleuchtung über süditalienische Käsespezialitäten. Bisher war der Film von NOWNESS über Mozzarella mein absolutes Highlight. Must Watch! https://vimeo.com/126527223