Es ist soweit, die ersten Nespole sind reif in Süditalien, und das ist ein Grund zur Freude. Sie schmecken ähnlich wie getrocknete Marillen, bloß dass sie unvergleichlich saftiger sind, mit einer ausgeprägten, die Süße balancierenden Säure. Häufig haben sie außerdem eine zart alkoholische Note, ein Geschmack nach beginnendem, aber noch köstlichen Verfall.
Gut aussehen tun sie ebenfalls: ihre Schale ist elegant blassorange oder sattgelb, je nachdem, wie man es sehen möchte, mit einem dicken Stielansatz. Ihre Samen erinnern an Nüsse, haben eine wunderbar glatte Oberfläche und sind die vielleicht schönsten Fruchtsamen nach der Avocado.
Nespole, ein wenig zu schön, um richtig gut zu sein
Sie sind meines Wissens nach die ersten Baumfrüchte, die im europäischen Jahr reifen1: In Spanien, ihrem wichtigsten Anbaugebiet, werden sie mitunter bereits im März geerntet, in Süditalien sind sie je nach Wetter und Jahr Ende April, Anfang Mai bereit, gegessen zu werden. Gemeinsam mit den Erdbeeren und den sizilianischen Melonen sind sie der Auftakt der sehnsüchtig erwarteten Fruchtsaison.
Dass sie nördlich der Alpen selten zu finden sind, liegt, denke ich, größtenteils daran, dass sie nicht lange hübsch bleiben: sie entwickeln schnell nach der Ernte, und oft schon davor, braune Flecken auf ihrem gelben Körper. Die sind zwar geschmacklich egal, sie lassen Nespole aber mitunter verdorben aussehen. Die kleinen, hässlichen sind außerdem besser als die großen, drall und perfekt aussehenden. Das macht sie eher unbrauchbar für den Supermarkt und mir noch einmal mehr sympathisch. Der deutsche Name “japanische Wollmispel” dürfte ihrer Verbreitung auch nicht geholfen haben.
Nespolebaum mit Früchten
Bis zu meiner Zeit in Neapel waren sie mir völlig unbekannt, seit ich sie aber kenne, sind sie mir immer wieder auch auf Wiener Märkten aufgefallen (wenn auch zu zugegeben eher exorbitanten Preisen. Hier kosten sie in der Saison so 2,50 das Kilo). Sollten Sie ihnen unterkommen, geben Sie ihnen eine Chance.
Nespole haben, wie ihre Verwandten, die Mispel, eine recht dicke, ledrige Schale, die sich leicht mit den Fingern abziehen lässt. Ich genieße sie roh und habe sie noch nie verkocht - sie schmecken roh bereits gut genug.
Ich freue mich über gegenteilige Hinweise