Der mittelgroße Gruss aus der Küche Sojasaucen Test
Unpasteurisierte Japaner gegen österreichische Discounterware, Sterneköche gegen Big Soy
Die Welt der Sojasaucen ist groß und wunderbar. Es gibt helle und dunkle Sojasaucen, solche mit und ohne Weizen, mit oder ohne Zucker, eigens für Fisch und Meeresfrüchte gemachte oder für Gerichte aus Shanghai, und jedes Land, jede Gegend in Ostasien kennt sowieso ihre eigenen Varianten. Allein in Japan soll es deutlich über 1000 verschiedene Produzenten geben.
Ein “Sojasaucentest” ist daher ähnlich wie ein “Weintest”: umfassend und in der Tiefe sinnlos und unmöglich. Als der Heinrich S. und ich uns ans Probieren gemacht haben, ging es uns nicht um eine generelle Bestandsaufnahme oder die beste Sojasauce der Welt. Wir wollten kosten, was man so ziemlich flächendeckend in Wien und anderen Landeshauptstädten zu kaufen bekommt - und was uns davon am meisten Freude bereitet. Wir sind in alle gängigen Supermärkte gegangen, einige Asiashops und ein Fermentationsfachgeschäft und haben 28 Saucen probiert.1
Wir haben sowohl klassische asiatische Saucen probiert, als auch einige der heimischen Pendants - Luvi, Mimi Ferments2, Wiener Miso, Genusskoarl - die in den vergangenen Jahren schick und beliebt geworden sind. Wird haben alle Saucen - heimische, japanische, chinesische und koreanische - gemeinsam verkostet, auch wenn sie etwas unterschiedlich sind. Ich glaube, dass “beste koreanische Sauce” oder “Sieger Japan, dunkel” nur eine Minderheit interessiert. Bei den chinesischen Saucen haben wir uns an die “hellen” gehalten, weil sie öfter verwendet und verkauft werden und vielseitiger einsetzbar sind3. Tamaris, also Sojasaucen ohne Weizen, und salzreduzierte Saucen haben wir weggelassen.
Aus persönlichem Interesse und Benchmark haben wir auch noch einige, zugegeben recht willkürlich ausgewählte japanische Premiumprodukte dazugenommen. Ich bin dafür zu Nippon-Ya in die Faulmanngasse gegangen, den besten mir bekannten japanischen Shop in Wien, und habe die freundlichen Damen dort nach ihren liebsten Saucen gefragt. Sie haben mir zwei Produkte aus japansichen Sojabohnen empfohlen. Eine unpasteurisierte, ebenfalls aus japanischen Bohnen, habe ich auch noch mitgenommen, weil ich in Japan ein Fan der unpasteurisierten Saucen war.

Wir haben sie zunächst blind und pur in Vierergruppen nach dem K.O. System gekostet, am Ende haben wir die Sieger dieser Vorrunden noch einmal gegeneinander antreten lassen.4 Bei der Zusammenstellung der Gruppen haben wir (oder korrekter, meine Frau, die das gemacht hat, damit der Test wirklich blind ist) darauf geachtet, dass immer Supermarkt- Asiashop- und Premiumsaucen dabei sind. Die finalen Vier (plus ein paar, die uns interessiert haben) haben wir auf Reis, als Dip für Rindfleisch (roh und gebraten), und als Suppengewürz probiert.
Das war’s auch schon. Wer sich für Herstellungsmethoden von Sojasaucen, die groben Kategorien und Unterschiede zwischen “natürlich gebraut” und schnell nachgemacht interessiert (und Fotos aus einer traditionellen japanischen Manufaktur sehen will): hier habe ich was längeres darüber geschrieben.
Und die Verlierer sind…
Die beruhigende und wenig überraschende Nachricht: Es ist sehr leicht, zusammengepanschte Saucen, bzw. die mit zugesetzten Geschmacksverstärkern und/oder Farbstoffen blind zu erschmecken. Sie stinken und haben auch im Geschmack einen scharfen, unangenehmen Desinfektionsmittelton, ähnlich wie Betaisodona Salbe.
Was uns überrrascht hat: Zwei der drei Premiumsaucen aus Japan - JAS und Marudaizu - haben uns ebenfalls nicht überzeugt. Sie waren nicht schlecht wie die gepanschten, wir haben sie im Blindtest aber nur durchschnittlich bewertet. Kann natürlich sein, dass das an uns liegt. Ich esse und koste zwar viel, aber abgesehen davon habe ich wenig Ahnung von Sojasauce. Ich nehme an, wenn wer sich nicht mit Wein beschäftigt, findet er oder sie gut gemachte Industrieware vielleicht mitunter auch besser als einen besonders bleistiftigen Bordeaux, einen gar ledrigen Chateauneuf oder einen kirschsauren Burgunder.
Und die Sieger sind…
Andererseits bin ich überzeugt, dass man Qualität meist auch ahnungslos erkennt, auch wenn man sie vielleicht nicht ganz so umfassend genießen oder definieren kann wie ein Profi, und es war ja eher die Fadesse, nicht die Ecken und Kanten, die uns bei den zwei Japanern gestört hat. Unser Gesamtsieger war dann die dritte Edelsauce: Shibanuma Premium Ohitachi, unpasteurisiert, aus japanischen Sojabohnen5. Sie hat eine Komplexität, eine Tiefe, eine (ist es Suggestion?) an Kirschblüten erinnernde Süße, die sie eine Liga über die Konkurrenz gehoben hat. Interessanterweise kann sie all ihre Stärken vor allem in Verbindung mit Essen ausspielen: pur verkostet hat sie ihre Viergruppe nur knapp gewonnen. Auf Reis war sie dann großartig, und als Dip zum rohen und gebratenen Rindfleisch noch einmal famoser.
Nun zu den relevanteren Ergebnissen: Kikkoman macht sehr gute Sojasauce. Sowohl die klassische als auch die Biosauce sind unter unsere vier Besten gekommen. Die Biovariante hat uns im direkten Vergleich noch etwas besser geschmeckt. Das ist sehr erfreulich, weil sie wahrscheinlich die Sauce ist, die in Österreich am leichtesten erhältlich ist.6
Der vierte Finalist - und damit unser Asiashop Sieger - war die Double Deluxe von Lee Kum Kee. Sie ist leicht gezuckert, was man dann im direkten Vergleich doch merkt - und sie ist nicht überall zu bekommen.
Einen Überraschungserfolg konnte die Kania Sojasauce von Lidl verbuchen: sie hat es als einzige Supermarktsauce (neben Kikkoman) unter die Top Acht geschafft. Wacker geschlagen hat sich meine Haus-Sauce, Pearl River Bridge. Sie war mir unter den in jedem Asiashop verfügbaren Saucen immer noch die liebste.

Keine Österreicherin unter den ersten Acht
Und die Österreicherinnen? Waren zu merkbar anders, um uns in einem Sojasaucetest zu überzeugen. Luvi, die Firma vom großartigen Luki Nagl, macht sehr gute Saucen: vor allem die (nur außer Konkurrenz gekostetete) Smoked Mushroom Shoyu taugt mir sehr. Die klassische helle Sojasauce ist aber so viel heller und geschmacklich so viel zarter als die asiatische Konkurrenz, dass ein Vergleich nicht sinnvoll ist. Ich kann sie mir sehr gut als Dipsauce für Fisch vorstellen, oder als Würze für milde Suppen.7 Ich hätte sie in meiner Küche aber gern zusätzlich zu, nicht statt einer klassischen Sojasauce. Und zum Kochen ist sie ohnehin zu schade.
Die Wiener Miso Bio Shoyu Waldstaude schmeckt so komplett anders (für uns mehr nach Fischsauce), dass sie in einem Sojasaucetest fehl am Platz ist.
Die Sauce vom Genusskoarl hat uns nicht gefallen - “Sliwowitznoten” und “Pflaumenwein” haben wir notiert. Zugegeben, sie war die einzige, die schon einige Zeit vor der Verkostung geöffnet wurde. Das war nicht ideal, sie müsste daher nachverkostet werden.
Mitgehalten mit den Asiaten hat nur die Mimi Ferments Saishikomi Shoyu - sie ist unter die letzten acht gekommen. Sie ist allerdings erstens schwer zu kriegen und zweitens ziemlich teuer. Da kaufe ich dann doch lieber meinen japanischen Kirschblütentraum.

Die Moral
Lassen Sie die Finger von zusammengepanschten Asiashopsaucen und Eigenmarken aus dem Supermarkt (außer Sie sind Lidlkunde). Wenn Sie nur eine Sojasauce in ihrem Leben wollen, kaufen Sie Kikkoman Bio, und wenn Sie eh nur damit kochen und in den Asiashop kommen, Pearl River Bridge.
Wenn Sie eine Sojasauce zum Dippen kaufen, dann macht es einen großen Unterschied, welche Sie verwenden - auf Reis und Rindfleisch (und sicher auch Fisch und Gemüse, auch wenn wir das jetzt nicht probiert haben) ist klar schmeckbar, ob gute Sauce oder Billigtunke im Schüsserl ist. Auch als Suppenwürze ist noc ein bisserl ein Unterschied schmeckbar - nicht viel, aber die Kirschblüte oder die Luvi hat unsere Testsuppe tatsächlich noch ein Euzerl besser gemacht als Pearl River.
Sobald Hitze im Spiel ist, ist es allerdings vorbei mit vielen der flüchtigen Aromatoffe. Und wenn Sie ihr Kimchi Jjiggae würzen, ist es völlig egal, ob sie die Edeljapanerin oder Megachef hinein kippen - hier ein teures Produkt zu verwenden wäre so sinnvoll, wie feinen Burgunder in ein Schmorgericht zu gießen (ich werfe allerdings sicher nicht den ersten Stein).
Das Wichtigste in Kürze
Bester Allrounder und klarer Supermarktsieger: Kikkoman Bio
Bestes Premiumprodukt: Shibanuma Premium Ohitachi
Asiashop-Sieger: Lee Kum Kee Double Deluxe
Immer noch meine Asiashop-Wahl zum Kochen: Pearl River Bridge
Diskounter-Sieger: Kania Soyasauce von Lidl
Bester Nicht-Asiate: Mimi Ferments Saishikomi Shoyu
Das ganze Feld
Nicht mit Genuss essbar: Bon Asia (Spar), Superior Soy Sauce Thin, Yamasa, Taste of Asia (Penny), Shinho Premium Original Soy Sauce, Asia Green Garden (Hofer), Superior Light Soy Sauce, Billa Sojasauce8
In Ordnung: Shan’Shi (Spar), Sempio, Dek Som Boon, Megachef, , JAS, Spar Natur Pur Bio Sojasauce, Lee Kum Kee, Pearl River Bridge Superior
Gut: Kania Sojasauce, Lee Kum Kee Double Deluxe, Bio Asia Organic Soysauce, Marudaizu, Pearl River Bridge9, Mimi Ferments
Sehr gut: Kikkoman Bio, Kikkoman Klassik
So richtig gut: Shibanuma Premium Ohitachi
Sehr anders: Luvi Helle Sojasauce, Wiener Miso Bio Shoyu
Die Kikkoman Saucen wurden von Kikkoman zur Verfügung gestellt, die Luvi Saucen von Luvi, und Mimi Ferments und Wiener Miso habe ich netterweise von Augora Fermente bekommen.
OK, die sind in Berlin.
In Japan ist es genau umgekehrt, da sind die dunklen der Standard.
Wie immer bringt das das Problem, dass es starke und schwache Gruppen gibt, und damit nicht jede Sauce die gleiche Konkurrenz hat. Wir haben daher diesmal auch noch Punkte vergeben, um das ein wenig abzufedern. Aber ich fürchte, das perfekte Testsystem gibt es nicht.
“The name 'Ohitachi' dates back to the Edo period and refers to 'a taste of Hitachi province'. Hitachi soy sauce is known for its superior quality. Shibanuma is one of the best-loved producers of soy sauce in Japan. The brand has made traditional seasonings for 18 generations. They use wooden barrels, handed down through many decades to ferment their soy sauce. The soy and wheat in Shibanuma soy sauce is all grown locally”, sagt Souschef zu der Sauce.
Kikkoman ist der größte Sojasauceproduzent der Welt, die Saucen für Österreich werden, soweit ich weiß, in Holland hergestellt. Die Firma bietet aber in Japan auch eine ganze Palette an teilweise sehr teuren Spezialsaucen her, und ist seit über hundert Jahren einer der Sojasaucenlieferanten für das japanische Kaiserhaus.
Die Kürbiskern Shoyu entspricht eher einer klassischen Sojasauce, aber die lief ob der ungewöhnlichen Zutat außer Konkurrenz.
Die Billa Sojasauce ist ein interessanter Fall: Laut Zutatenliste enthält sie 56 Prozent Sojasauce, Wasser und Salz - sie ist also, wenn ich das richtig verstehe, gespritzt und nachgesalzen.
Ja, die hat uns echt deutlich besser geschmeckt als das Premium Produkt der gleichen Marke.
War mir ein Genuß den Testbericht zu lesen!
Nehme an die Shibanuma Premium Ohitachi bekomme ich in der Faulmanngasse?
Ist mir dort noch nicht aufgefallen und freut mich einen neuen Geschmack kennen zu lernen.
Ich finde Sojasaucen sind für das Gelingen eines Gerichts oft entscheidend. So habe ich gelernt nicht bei der Qualität, sondern bei der Menge zu sparen. Die Angaben in authentischeren asiatischen Rezepten sind ja oft unter dem Tl Bereich. Als Dip-Sauce vermengen Asiat_innen öfter Essig mit einigen Tropfen Sojasauce, als einen Schuß Sojasauce nach dem anderen direkt aus der Flasche über Speisen, oder gar Reis zu kippen. Nur wenn wirklich große Mengen gebraucht werden (beim Einlegen/Marinieren) verwende ich billigere industrielle Sojasaucen - die in Bio Qualität.
Die helle Luvi ist eine andere Welt, aber eine sehr gute und nützliche.
Jetzt bin ich doch wieder inspiriert fürs mittelgroße Kochen zum Chinesischen Neujahr. Danke.