Vor ein paar Wochen bin ich über ein Instagram-Bild gestolpert, dass mich wirklich beeindruckt hat:
Das Foto zeigt keinen Bauch oder Schopf, sondern ein Schweinskarree, ein Stück, das normalerweise ähnlich unessbar ist wie Hühnerbrust. Ich gestehe, ich habe sowas nicht für möglich gehalten, und auch der Hansi Pfaller, mein burgenländischer Schweineflüsterer, war baff erstaunt.
Schweine sind in den vergangenen Jahrzehnten absichtlich immer magerer und damit geschmacksärmer gezüchtet worden. Alte Fettschweinrassen wiederum, wie das Mangalitza setzen zwar unglaublich viel Fett an, allerdings nicht als Marmorierung, sondern als mehrere Zentimeter dicke Fettschicht unter der Haut.
Sie sind fantastisch, um Lardo oder Speck oder Schmalz zu machen, als Braten sind sie aber eher ungeeignet. Bei diesem Schwein ist das offenbar anders: es hat nicht nur eine stolze subkutane Fettschicht, sondern auch noch eine Marmorierung wie ein Wagyu Rind - und zwar, ich muss es noch einmal sagen, in einem der magersten, geschmackärmsten Muskelstränge!
Das Foto kam von Dan Barber, Chef von Blue Hill at Stone Barns, einem der wahrscheinlich spannendsten Restaurants der Welt. Blue Hill arbeitet schon lange eng mit Bauern und vor allem Pflanzen- und Tierzüchtern zusammen. Barbers Ansatz: Bisher wurden Pflanzen und Tiere stets nur auf Effizienz gezüchtet, nie auf Geschmack. Er versucht das auf der Farm zu ändern. Bekannt geworden ist etwa sein blaues Barber Wheat oder sein angeblich spektakulär guter Kürbis. Wie es scheint, ist seinem Team nun mit Schweinen etwas Ähnliches gelungen.
Ich war so beeindruckt von dem Schweinebild, dass ich ihm per Mail ein paar Fragen geschickt habe, und er war so nett, zu antworten. In aller Kürze: Das Schwein, dem dieses erstaunliche Karree gewachsen ist, ist eine Kreuzung aus vier Arten: Red Wattles, Ossabaws, Berkshires und Schweinen der Sugar Moutain Farm in Vermont, die besonders gut darin sind, draußen zu leben und ihr Futter zu verwerten.
Auf der Farm bekommen sie eine Mischung aus Küchenabfällen und ausgekochter Maische von der Bierproduktion gefüttert, außerdem dürfen sie im Freien nach Lust und Laune wühlen. Dan meint, die Genetik und die Ernährung seien gleich wichtig für dieses Ergebnis - was gut ist, da ein großer Teil des Genpools in den vergangenen Jahrzehnten bereit verloren gegangen sei.
Das Schweinskarree sieht laut ihm nicht nur umwerfend aus, sondern schmeckt auch so:
it's the porkiest pork. It's got a richness that no pale pink loin could ever deliver, a melt-in-your-mouth texture like Wagyu, and remarkable complexity of flavor
schreibt er.
Ich bin kein Experte, aber auch bei uns sollte es genug Schweinerassen (Schwäbisch Hällisch sind meine Lieblinge, aber ich denke da auch an Turopolje oder die italienischen Casertanas) geben, die sich da für ein paar Zuchtversuche eignen sollten. Wenn sich heimische Nachahmer finden, vielleicht in Zusammenarbeit mit einem motivieten Brauer wie dem Seppi Sigl von Trumer, ich wäre begeistert.