Es kann nie genug Nudelsuppen geben, auf der Welt im allgemeinen und auf meinem Tisch im Winter im Besonderen. Sie sind wie kaum ein anderes Essen imstande, Menschen, die sich mit letzter Kraft zum Tisch geschleppt haben voll Tatendrang aufstehen zu lassen. Eine gute Nudelsuppe ist Kraft und Zuversicht zum Löffeln und Schlürfen. Und ziemlich gut schmecken tun sie erstaunlich oft auch.
Die Chinesen sind meiner Meinung nach die Großmeister des Genres, aber auch andere Länder kochen fantastische Suppen.1 Weil ich immer noch ein wenig verliebt in dieses Buch bin, und außerdem einen Lammhals im Tiefkühler hatte, habe ich mich der persischen Nudelsuppe zugewandt.
Lammhals ist von Istanbul ostwärts ein äußerst beliebter Cut, nicht nur für Suppen, sondern auch Schmorgerichte2 - sozusagen das nahöstliche Äquivalent zum Ochsenschlepp. Wie der Schlepp hat auch er fast magische Suppen-Aromatisierungskräfte und offenbar endlos viel Geschmack: Selbst nach stundenlangem Auskochen bleibt immer noch jede Menge davon im Fleisch zurück.
Weil Fleisch, dass nah am Knochen sitzt, stets die besten Bissen abgibt, ist es kein Wunder, dass Lammhals so außergewöhnlich gut ist: Die Muskeln winden sich hier um und zwischen die Wirbel, dazu kommen noch reichlich Bindegewebe und Knorpel, die sich bei langer, sanfter Hitze in herrliche Gelatine verwandeln. Der ist es zu verdanken, dass er auch nach stundenlangem Schmoren überhaupt nicht trocken, sondern so erst so richtig cremig wirkt.
Der Köstlichkeit zum Trotz ist er außerdem einer der günstigsten Stücke des Tieres - viel günstiger etwa als die Schulter, obwohl er ihr meiner Meinung nach geschmacklich klar überlegen ist. Mein gerade verkochter Lammhals kam von diesen fantastischen Lammbauern (wenn Sie in der Gegend sind, schauen Sie unbedingt vorbei!), aber jeder Fleischer aus dem östlichen Mittelmeerraum kann Ihnen weiterhelfen.
Ich habe mich für meine Lammhalssuppe nicht an ein genaues Rezept gehalten, sondern improvisiert und genommen, was ich zu Hause hatte - und es hat wunderbar funktioniert. Es dauert zwar ein bisserl, aber macht kaum Arbeit. Wenn alles mal in den Topf geworfen ist, können Sie sich zurücklehnen und riechend beobachten, wie sich der Duft über die kommenden Stunden entfaltet.
Persisch inspirierte Lammhalssuppe
1 Lammhals
2 Zwiebel
2 Karotten oder ähnliches Wurzelwerk
1 schönes Stück Ingwer, geschält und angequetscht
Ordentlich Kreuzkümmel, geröstet und gemahlen
Ein wenig Kurkuma
2 Nelken
1/2 Zimtstange
1 handvoll trockene Kichererbsen
1-2 Quitte(n), in mundgerechte Stücke geschnitten
1 handvoll Spinat oder sonstige grüne Blätter nach Wahl und Verfügbarkeit in der Gemüselade (Pok Choi, Sauerampfer…)
250g dünne getrocknete Eiernudeln
Koriander, frische Limetten und Chiliflocken zum Servieren
Zwiebel halbieren und bei Lust und Geduld die Schnittflächen in einem schweren Bräter bräunen. Lammhals, Wurzelwerk, Gewürze und Kichererbsen dazu geben, alles mit Wasser bedecken, gut salzen und zum Köcheln bringen. Mit geschlossenem Deckel entweder auf niedriger Hitze drei Stunden sieden oder im Rohr bei etwa 150 Grad ziehen lassen, bis das Fleisch fast von selbst vom Knochen fällt.
Suppengemüse heraus fischen und dafür die Quitten zugeben. Weitere 15 bis 20 Minuten köcheln lassen, bis sie weich sind. Ganz am Ende die Blätter zugeben und nur kurz zusammen fallen lassen.
Inzwischen die Nudeln in Salzwasser nach Packungsangaben garen und kalt abschrecken.
Hals aus der Suppe heben und das Fleisch ablösen (sollte kein Problem sein, schütteln wird fast reichen). Nudeln, Quitten, Blätter und Fleisch auf die Teller verteilen und mit siedender Suppe aufgießen. Mit Koriander bestreuen und mit Limette und Chiliflocken zum Selber würzen servieren.
Persische Hühnersuppe mit Lammbällchen
Ich bin überzeugt, Lammhals gibt auch ein großartiges Faschiertes ab. Für zahlende Abonnenten gibts jetzt hier noch jenes Rezept, dass mich im wunderbaren, oben verlinkten Food of Life schon lange reizt: Hühnersuppe (und was für eine, mit ganzem, gefüllten Huhn als Einlage!) mit faschierten Lammbällchen
Ich suche immer noch nach einer guten Adresse für chinesische Nudelsuppen in Wien, bisher erfolglos. Alles, was ich probiert habe, wirkt für mich wie ein Baum im Winter. Das nötigste ist da, aber alles, was Freude macht, fehlt. Über Tipps bin ich über die Maßen dankbar. Ich bin gar nicht wählerisch, wenn es um die Provinz oder Nudelart geht, scharf, mild, sauer, mir ist alles recht. Nur gut soll sie sein.
Die Frau Ringl versichert mir, dass man ihn auch auslösen und nachher füllen kann. Ich hab schon bestellt.
Ein in Österreich schwer unterschätztes Gewürz, das Eintöpfen und Suppen eine ziemlich supere, zitrusfruchtig-rauchige Säure verleiht. Auch als Tee gebrüht sehr erfreulich.
Ich habe die Suppe gerade nachgekocht.
Der Hals hatte knapp über einen Kilo, der Topf war vermutlich zu breit. Somit hatte ich von Anfang an recht viel Wasser.
Ich mags gern scharf, deswegen habe ich 3 getrocknete Chilis dazugegeben. Das war ein Fehler. Hätte ich wissen sollen. Der Geschmack ist recht zart und wird schnell übertüncht.
Ich habe am Anfang auch den Schaum abgeschöpft. Vielleicht hätte ich erst anschließend den kreuzkümmel dazu tun sollen, weil das klärende Eiweiß das Pulver fürchte ich ganz gut bereinigt hat.
Letztlich habe ich nach 4h bei 150 grad im Backrohr mit ein wenig Sojasauce und ein paar Suppenwürfeln nachgeholfen. Viele Fehler meinerseits, aber den lammhals habe ich so lieben gelernt. Das Fleisch schmeckt nämlich fantastisch. Danke dafür! Wird jedenfalls wiederholt, im kleineren Topf.