Meine erste Begegnung mit der Kaki war wenig erfreulich. Ich glaube, es war in Piran, an einem Fluchtwochenende vor dem österreichischen Winter. Ich nahm mir ein Herz und biss in die unbekannte, verlockende Frucht, und spürte Sekunden später einen dichten Pelz in meinem ganzen Mund wachsen, besonders auf der Zunge und den Zähnen. Ich spuckte das Gift wieder aus, spülte mit reichlich Wasser nach und hoffte, durch einen glücklichen Zufall doch zu überleben.
Oben ungenießbare weil nicht vollreife Kaki, unten Marmelade vom Baum
Kakis reifen südlich der Alpen ab Ende September, Anfang Oktober, jetzt gerade haben sie hier in Neapel Hochsaison. Mir war die Frucht bis vor ein paar Jahren trotzdem nur von flüchtigen Begegnungen in türkischen Supermärkten bekannt, vom halb interessiert hin und dann gleich wieder wegschauen. Dabei sieht eine reife Kaki1 spektakulär aus: wollüstig drall und rund, mit einer leuchtend orange-roten, fast fluoreszierenden Farbe und eine hübschen, an eine Blume erinnernden Stängelansatz. Zu allem Überdruss haben sie auch noch die Eigenschaft, beim Pflücken mit einigen eleganten Blättern abzubrechen.
Es gibt, habe ich bald gelernt, zwei Arten von Kakis: Astringente und nicht astringente. Astringente Kakis enthalten, so lange sie nicht ganz reif sind, Unmengen an Tanninen, jene Stoffe, die auch manche Rotweine auf der Zunge pelzig machen. Die Früchte sind ungenießbar, so lange sie nicht ganz, ganz reif sind. Meine erste , leider noch feste Kaki war genau so ein Exemplar.
Die meisten Kakis, die in Österreich in Mainstream-Supermärkten verkauft werden, sind hingegen nicht astringente Kakis. Die Sorte Sharon, eine israelische Züchtung, ist besonders weit verbreitet. Sie enthalten wenig Tannine und können auch gegessen werden, wenn sie noch fest sind, was sie leichter zu transportieren, leichter zu lagern, appetitlicher zum Ansehen, schneller zum Genießen und damit deutlich besser für de Handel macht.
Der Preis für all diese Vorteile ist leider ein ausgeprägter Mangel an Geschmack. Als Esser aber zahlt es sich daher aus, der astringenten Kaki eine Chance zu geben. Kaufen (oder, sollten sie das Glück haben, einem Kaki-Baum zu begegnen) pflücken Sie sie erst, wenn sie wirklich reif ist - so reif, dass sie schon aufgeplatzt sind und ihr matschiges Innere herauszulaufen droht.
Dann sind sie nämlich eine wunderbare Frucht. Ihr Fleisch wird fast transparent und hat eine ganz eigenes, seidig-weiches Mundgefühl. Sie sind für erfreulich wenig süß, trotz ihrer obszönen Reife nie pickig, und schmecken ein wenig nach Zimt und Kürbis.
In Süditalien wird sie frisch gegessen, so, wie ein Apfel oder eine Birne, andere verbacken sie in diverse Kuchen. Ich schätze sie zum Frühstück und benutze sie als fix fertig am Baum gewachsene Marmelade: sie kann einfach mit einem Löffel aus ihrer Schale geholt und in Joghurt, Müsli oder Porridge gemischt oder aufs Brot geschmiert werden. Derzeit bin ich ein wenig süchtig nach Toast, in Butter gebraten, und dann ordentlich mit frischer Ricotta und Kaki bestrichen. Würde ich ein teures BnB am Mittelmeer betreiben, es wäre genau das, was ich meinen Gästen im Herbst zum Frühstück servieren würde.
In Butter gebratenes Toast mit Ricotta und Kaki
2 Scheiben gutes Weißbrot, nicht mehr ganz frisch
2 ordentliche Stücke gute Butter
Mindestens 100g Frische Ricotta
1 sehr reife, einst astringente Kakis, in Wien wahrscheinlich aus dem türkischen Supermarkt
Erstes Butterstück in einer Pfanne auf mittlerer Hitze schmelzen, bis es schäumt. Hitze ein wenig zurück drehen und die beiden Toastscheiben in die Pfanne drücken. Braten und immer wieder ein wenig in der Pfanne hin und her schieben oder drehen, bis das Brot herrlich braun und knusprig ist und alle Butter aufgesaugt hat.
Das zweite Stück Butter in die Pfanne geben und das Brot wenden. So verfahre wie zuvor, bis auch die zweite Seite knusprig ist.
Herausholen, ordentlich mit Ricotta bestreichen, eine halbe Kaki darüber löffeln und sich freuen, dass es Spätherbst ist.
Die größten aller Kaki-Liebhaber sind wahrscheinlich die Japaner, was sich schon daran zeigt, dass wir ihr Wort für die Frucht übernommen haben - Kaki kommt aus dem Japanischen. Sie widmen der Kaki Gedichte, pflanzen sie als Zierbaum (weil die leuchtenden Früchte auch dann noch hängen bleiben, wenn die Blätter alle gefallen sind, was sie aussehen lässt wie apokalyptische Christbäume) und essen sie natürlich liebend gern, allerdings meist nicht frisch: sie hängen sie auf Schnüren auf, massieren sie regelmässig und lassen sie trocknen, bis sie rund und flach sind und ganz von einer zarte Schicht kristallisierten Zuckers überzogen sind - eine Art Königin der Trockenfrüchte.